Stellungnahme zur "Presseähnlichkeit" im 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Am 14.01.2019 führte der Medienausschuss des Sächsischen Landtags eine Anhörung zur Umsetzung des 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrags in Landersrecht durch. Ziel der jüngesten Änderung des Rundfunkrechts war es, den Internet-Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien auf die Höhe der aktuellen Medienlandschaft zu bringen. Regelungen, die sich beim jungen Content-Netzwerk „Funk“ von ARD und ZDF bewährt haben, werden nun verallgemeinert, darunter die Flexibilisierung der Verweildauer und die geregelte Nutzung von Social Media. Größter Streitpunkt ist die Auflage, dass öffentlich-rechtliche Internet-Angebote nicht „presseähnlich“ sein dürfen.

Ich war neben Verbandsvertretern, dem Intendant des Deutschlandradio, Stefan Raue, und den Justiziaren von MDR und ZDF als Sachverständiger geladen.

In meiner Stellungnahme begrüße ich die richtigen Schritte ins Internet, kritisiere jedoch das das Verbot der „Presseähnlichkeit“. Öffentlich-rechtliche Online-Angebote müssen „im Schwerpunkt“ aus Video und Audio bestehen. Text darf nicht „im Vordergrund“ stehen. Sie sollen „den typischen Sendungen des linearen Rundfunks entsprechen“. In der analogen Welt kamen sich Rundfunk und Presse nicht in die Quere. So soll es auch im Internet bleiben. Das ist so, als hätte ein Konkurrent der Autoindustrie dieser vom Gesetzgeber auferlegen lassen, dass Autos für alle Zeiten eine Pferdekutschenähnlichkeit behalten müssen.

Damit wird keine Klarheit geschaffen, sondern ein Konfliktfeld. Dafür hat der Gesetzgeber eine Schlichtungsstelle geschafften, in der Mathias Döpfner vom Zeitungsverlegerverband mit den Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio über die Auslegung der „Presseähnlichkeit“ verhandeln wird. In dieser Konstellation war schon der jetzige Kompromiss zustande gekommen, den die Politik nur noch in Rundfunkrecht gegossen hat.

Das oberste Wettbewerbsgericht hatte die Tagesschau-App in ihrer Fassung am am 15.06.2011 nach fünf Jahren Rechtsstreit im September 2016 als zu „presseähnlich“ verboten. Der redaktionell federführende NDR hat dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Politik hätte besser daran getan, den Entscheid des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, als diese halbgare Lösung zu verabschieden.

Meine Stellungnahme (PDF) für den Digitale Gesellschaft e.V.

S. a.

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